Der Höhleneremit ohne Höhlen
- Daomonk- Michu
- vor 18 Stunden
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Es war einmal ein Eremit, der tief in den Bergen lebte. Er sprach wenig, aß einfach, was er fand, und lebte in Stille im Einklang mit der Natur.
Er hatte sich angewöhnt, mit bloßen Händen kleine Höhlen in die Berghänge zu graben — nicht zum Wohnen, sondern für die Versenkung selbst.
Sobald eine Höhle fertig war, setzte er sich hinein, atmete still – und sagte nichts.
Doch jedes Mal, kaum war eine Höhle vollendet, kam ein Suchender vorbei.
„Meister, welch schöne Höhle du da hast“, sagten sie. „Ich suche einen Ort zum Meditieren. Doch überall ist Lärm, Menschen, Ablenkung.“
Der Eremit nickte, stand auf und sagte nur: „Dann nimm sie.“
Und ohne ein weiteres Wort zog er weiter – den Berg hinauf, den Hang entlang, zur nächsten stillen Stelle. Dort begann er, eine neue Höhle zu graben.
Das geschah nicht einmal, nicht zweimal — sondern dutzende Male. Jeder, der kam, erhielt eine Höhle. Nie klagte der Eremit, nie hielt er etwas zurück.
Eines Tages fand ein junger Mönch den Eremiten. Er war auf der Suche nach ihm gewesen, denn es gab Geschichten über den Höhleneremiten, der keine Höhle besäße.
„Meister, warum gibst du immer deine Höhlen weg? Ist es nicht schwer, sie zu bauen? Ist dir dein Rückzugsort denn nichts wert?“
Der Eremit schaute auf seine schmutzigen Hände, dann in den Himmel. Er antwortete:
„Ich grabe keine Höhlen. Ich grabe Leere. Wer Leere erkennt, braucht keine Wände.“
„Aber wollt Ihr denn nicht auch einmal selbst in der Höhle sitzen, in Ruhe und Frieden?“ fragte der junge Mönch.
„Wenn mich Menschen finden und mit mir sprechen,“ antwortete der Eremit, „schenke ich ihnen Raum zum Praktizieren. Denn alles ist allen. Hafte nicht am Erschaffenen.“
Dann fuhr er fort:
„Die Höhle ist nicht der Ort der Stille —denn der ist in dir selbst. Ob ich tue oder nicht tue —ich bin.
So wird diese Höhle jetzt dein Sein.“
Der Eremit zog weiter und der junge Mönch setzte sich still in die Höhle, um die Worte zu reflektieren.

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