Die Formlose Natur
- Daomonk- Michu
- 11. Apr.
- 2 Min. Lesezeit
Ein junger Mönch, der seit Jahren im Kloster meditierte und nach der Erleuchtung suchte, trat eines Tages vor seinen Meister, den weisen Zen-Meister Xuěfēng, und fragte:
„Meister, ich habe viele Jahre meditiert und die Schriften studiert, doch die Erleuchtung bleibt mir fern. Was muss ich tun, um sie zu erlangen?“
Xuěfēng schaute ihn an, lächelte sanft und sagte:
„Bevor du Erleuchtung erlangst, musst du deine wesentliche Natur wahrnehmen.“
Der Mönch fragte nach:
„Was bedeutet es, meine wesentliche Natur wahrzunehmen?“
Xuěfēng antwortete:
„Es bedeutet, deine eigene ursprüngliche Natur zu erkennen.“
Der Mönch dachte einen Moment nach und fragte weiter:
„Und welche Form hat diese ursprüngliche Natur? Wie kann ich sie sehen?“
Xuěfēng deutete auf den Teich vor dem Kloster, in dem sich der klare Himmel spiegelte.
„Wenn du deine ursprüngliche Natur wahrnimmst, gibt es kein konkretes Objekt zu sehen. Sieh dir das Wasser an – kannst du den Himmel greifen, den es spiegelt?“
Der Mönch schüttelte den Kopf.
„Das ist schwer zu glauben, Meister. Wie kann etwas, das keine Form hat, meine wahre Natur sein?“
Xuěfēng blickte zum Himmel und fuhr fort:
„Es ist schwer zu glauben, doch alle Buddhas haben dies erreicht. Sieh nicht nach etwas außerhalb von dir. Deine ursprüngliche Natur ist nicht getrennt von dir – sie ist das, was sieht, nicht das, was gesehen wird.“
Der Mönch schaute zum Himmel, unsicher, doch ein Funke der Neugier entfachte sich in ihm.
„Wie finde ich sie, wenn ich sie nicht sehen kann?“
Xuěfēng hob seine Hand, als würde er einen unsichtbaren Faden in der Luft halten, und sprach:
„Hör auf zu suchen, und du wirst sie finden. Deine ursprüngliche Natur ist wie der Raum, der alles umfasst – die Berge, die Bäume, den Wind. Sie ist nicht in ihnen, und doch sind sie nicht getrennt von ihr. Wer sieht die Berge? Wer hört den Wind?“
In diesem Moment wehte eine sanfte Brise durch den Garten, und ein Blatt fiel von einem Baum in den Teich, wo es kleine Wellen erzeugte. Der Mönch beobachtete die Wellen, und plötzlich, für einen flüchtigen Augenblick, fühlte er eine tiefe Stille in sich – als ob er selbst der Teich, der Himmel und das Blatt zugleich wäre.
Xuěfēng lächelte.
„Genau das. Halte inne.“

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